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Kindheitstraumata und Stress führen zu Fibromyalgie – Dr. David Brady

Traumaerlebnisse und Stressoren in der Kindheit wurden bislang als prädisponierende Faktoren für die Entwicklung verschiedener chronischer Schmerzen und psychischer Erkrankungen wie Fibromyalgie, Reizdarmsyndrom, Schlaflosigkeit, Depression, Angstzustände, posttraumatische Belastungsstörung und chronisches Erschöpfungssyndrom übersehen. Die Situation ändert sich jedoch, da die Forschung einen signifikanten Zusammenhang zwischen Kindheitstraumata und der Gesundheit im Erwachsenenalter aufzeigt.

Das zentrale Nervensystem entwickelt sich in der Kindheit rasant und ist darauf konditioniert, auf verschiedene Reize und Stressoren im Leben zu reagieren. Bei unterschiedlichen Umweltreizen entstehen als Reaktion auf jeden Reiz neue Bahnen zwischen den Gehirnzellen. So schafft beispielsweise eine angenehme Erfahrung, wie eine Umarmung von einem Elternteil oder ein Stück Süßigkeit, Bahnen, die das Gehirn lehren, angenehm auf diese Reize zu reagieren. Ebenso erzeugt und trainiert eine beängstigende Erfahrung Bahnen, die mit Angst reagieren. Dieser Prozess der Bildung neuer Bahnen als Reaktion auf Reize wird als Neuroplastizität bezeichnet. Mit zunehmendem Alter nimmt die Neuroplastizität ab. Das bedeutet, dass es schwieriger wird, neue Bahnen zu entwickeln und die Reaktionen unseres Gehirns auf Reize anzupassen. Kinder haben einen klaren Vorteil, da sie über ein hohes Maß an Neuroplastizität verfügen. Dies unterstreicht jedoch auch, wie wichtig es ist, das sich entwickelnde Gehirn ausreichend zu stimulieren, um die Entwicklung positiver Bahnen zu gewährleisten.

Bei einem starken Unterstützungssystem und normalen, kurzfristigen Stressoren werden die Stressreaktionen eines Kindes angemessen aktiviert und durch unterstützende Beziehungen abgefedert. Auf diese Weise entwickeln sich positive Bahnen im Gehirn und trainieren das Nervensystem, angemessen auf normale Lebensstressoren zu reagieren. Durch die Konfrontation mit verschiedenen Stressoren baut das Gehirn eine gesunde Resilienz auf, sodass zunehmend stressige Situationen mit normalen biologischen Reaktionen erlebt werden können.

Ohne unterstützende Beziehungen oder bei extremen und/oder lang anhaltenden Stressoren wird die Stressreaktion unangemessen aktiviert und kann die Gehirn- und neurologische Entwicklung negativ beeinflussen. Durch die Aktivierung von Hirnregionen, die für Angst, Furcht und Impulsreaktionen verantwortlich sind, entwickeln sich neuronale Bahnen, die diese Hirnregionen begünstigen. In der Folge fehlen den für Denken, Planung und Verhaltenskontrolle zuständigen Hirnregionen möglicherweise ausreichende Bahnen, was zu einer Neigung zu negativen Emotionen wie Angst, Panikattacken und Depressionen führt.

Die menschliche Reaktion auf Stress löst eine Kaskade von Ereignissen aus, die das Gehirn, das Nervensystem sowie verschiedene endokrine Drüsen und Hormone beeinflussen, was den weitreichenden Einfluss auf die Gesundheit erklärt. Die Stressreaktion beginnt, wenn Neuronen Stressoren oder Umweltreizen ausgesetzt sind, diese in Signale übersetzen und diese zur Interpretation und Reaktion über verschiedene Bahnen im Gehirn weiterleiten. Während dieser Aktivitäten wird die Produktion von Gehirnchemikalien, den sogenannten Neurotransmittern, aktiviert. Neurotransmitter senden Signale an andere Hirnregionen und Organe. Diese Chemikalien kommunizieren mit den Nebennieren (Teil des endokrinen Systems), die daraufhin Hormone wie Cortisol und Adrenalin produzieren. Diese Hormone sind für die traditionelle „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion auf traumatische oder gefährliche Stressoren verantwortlich. Diese Hormone sind zwar hilfreich, wenn wir einem Ball oder einem Autounfall ausweichen müssen, doch eine chronische Aktivierung kann das Immunsystem, den Darm, das Energiesystem und die Schmerzwahrnehmung schwächen und zu verschiedenen Gesundheitsproblemen wie Reizdarmsyndrom, chronischem Müdigkeitssyndrom und Fibromyalgie beitragen. Ist die Stressreaktion in der Kindheit überaktiv, wird sie auch im Erwachsenenalter überaktiv und hat Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten. Ist die Stressreaktion in der Kindheit überaktiv, wird sie auch im Erwachsenenalter überaktiv und hat Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten.

Laut dem National Child Traumatic Stress Network zählen Unfälle, körperliche Traumata, Missbrauch, Vernachlässigung und häusliche und gesellschaftliche Gewalt zu den häufigsten traumatischen Stressoren bei Kindern. Weitere schwerwiegende Stressoren sind der Tod eines Familienmitglieds, Scheidung, Drogen- oder Alkoholmissbrauch sowie Naturkatastrophen. Treten diese traumatischen Stressoren in der Kindheit auf, prägen sie das neurologische System und das Stressreaktionssystem so ein, dass sie auf normale Reize überreagieren. Fibromyalgie und das Reizdarmsyndrom sind zwei Beispiele für überaktive neurologische Reaktionen. Normale Reize wie Wind im Gesicht oder reibende Kleidung können bei Menschen mit Fibromyalgie schmerzhafte Empfindungen hervorrufen und so eine übersteigerte Schmerzreaktion veranschaulichen. Normale Stressoren, die das neurologische System zu einer unangemessenen Stimulation der Darmmuskulatur veranlassen und so abwechselnd spastische Verstopfung und Durchfall verursachen, sind ein klassisches Symptom des Reizdarmsyndroms. Auch die Schmerzreaktion ist bei Menschen mit Reizdarmsyndrom erhöht, was Bauchschmerzen verursacht.

Die spezifischen Ursachen von Erkrankungen, die mit chronischen Schmerzen und Müdigkeit einhergehen, wie Fibromyalgie und chronischem Müdigkeitssyndrom, sind derzeit unbekannt. Fast zwei Jahrzehnte Forschung deuten jedoch nachdrücklich darauf hin, dass Stressoren in der frühen Kindheit signifikante Risikofaktoren für die Entstehung dieser Erkrankungen darstellen. Zwar erleiden nicht alle Kinder, die traumatischen Stressoren ausgesetzt sind, emotionale und körperliche gesundheitliche Probleme, doch zeigen Studien, dass Kinder, die traumatischen Ereignissen oder langfristigen Stressoren ausgesetzt sind, 2,7-mal häufiger an funktionellen somatischen Erkrankungen (funktionell beeinträchtigende Erkrankungen ohne erkennbare Ursache) wie Fibromyalgie, chronischem Müdigkeitssyndrom, chronischen Schmerzen, Reizdarmsyndrom und anderen leiden. Darüber hinaus treten diese Erkrankungen häufig zusammen mit psychiatrischen Erkrankungen wie Angstzuständen und Depressionen auf. Das Alter, in dem das Trauma oder der Stress erlebt wird, seine Dauer und sogar die Art des Traumas scheinen diese alarmierende Statistik nicht zu ändern.

Angesichts der zunehmenden Prävalenz funktioneller somatischer Erkrankungen sowie emotionaler und psychiatrischer Probleme ist es wichtig, den Einfluss von Kindheitserlebnissen auf die Entwicklung dieser Erkrankungen zu berücksichtigen. Das Verweilen in vergangenen Traumata trägt nicht immer zur Erhaltung von Gesundheit und Heilung bei und kann kontraproduktiv sein. Das Verständnis ihres Einflusses auf die Gesundheit hilft jedoch, schwer erkennbare Erkrankungen wie Fibromyalgie richtig zu erkennen. Es ist auch wichtig, den Zweck zu verstehen, zukünftige Generationen vor den lähmenden Auswirkungen von Kindheitstraumata und Stressoren zu schützen. Schließlich dient es als gutes Beispiel für den Erfolg eines funktionsmedizinischen Ansatzes.

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